Mein Glaubensweg
Warum Jesus?
Ich wurde in die Neuapostolische Kirche hineingeboren.
Schon als kleines Mädchen war ich nie das brave, angepasste Kind. Ich wollte alles verstehen, stellte viele Fragen – und flog deshalb öfter mal aus dem Kindergottesdienst.
Stattdessen prägten mich die vielen Gottesdienste bei den Erwachsenen. Ich sog jedes Wort in mich auf. Heute weiß ich: Das hing mit meiner Hochsensibilität und Hochbegabung zusammen.
Ich lebte in ständiger Angst, nicht alles richtig zu machen: gehorchen, keine Fragen stellen, keine Zweifel zeigen, Gefühle kontrollieren, das Zimmer ordentlich halten, keine „Weltfreunde“ haben. Denn Gott, so wurde mir gesagt, schreibt alles ins „Goldene Buch“ und entscheidet dann, ob wir in den Himmel oder in die Hölle kommen.
Also verstummte ich – und funktionierte so, wie es gewünscht war. Ich nahm an jedem Gottesdienst teil, sang in allen Chören (gemischter Chor, Jugendchor, Englischchor).
Nach der Konfirmation betete ich um Zeichen – verließ mich aber mehr auf meine Halskette mit einem Hufeisen-Anhänger.
Als ich auszog und die Zweifel wiederkamen, begann ich zum ersten Mal, selbst in der Bibel zu lesen. Doch vieles stand dort anders als das, was ich in den Predigten hörte.
Ich stellte Fragen – und wurde daraufhin zum Apostel geschickt. Ich freute mich, weil ich hoffte, endlich Antworten zu bekommen.
Aber ich wurde enttäuscht: Der Apostel sagte mir nur, ich solle nicht mehr in der Bibel lesen, sondern das Wort vom Altar annehmen.
Ich versuchte es. Doch dann begannen die dissoziativen Krampfanfälle – ich kippte immer wieder um. Schließlich kam es zu einem Herzstillstand mit anschließendem schweren Fahrradunfall. Man sagte mir, das sei ein Warnsignal Gottes gewesen.
Also ging ich wieder zur Kirche – und siehe da: Ich kippte dort nicht mehr um.
Dann kam mein misslungener Suizidversuch. In der Klinik empfahl mir die Ärztin, einen Seelsorger zu kontaktieren. Doch als ich dort anrief, sagte man mir nur, dass mir sowieso nicht vergeben werden könne – und ich die Anrufe besser lassen solle.
In dieser Klinik lernte ich eine Mitpatientin kennen, die mich zu den Baptisten einlud. Doch auch dort bekam ich heftige Panikattacken – bis hin zu Atemnot und Kreislaufkollaps. Ich hatte Angst, dass Jesus wiederkommt – und ich dann nicht dabei wäre. Also kehrte ich zurück zur Neuapostolischen Kirche.
Später wandte ich mich dem Buddhismus zu. Der Gedanke, irgendwann nicht mehr leiden zu müssen, sondern vielleicht als Tier wiedergeboren zu werden – oder irgendwann einfach nicht mehr zu existieren –, war tröstlich für mich.
Doch dann ging ich erneut zurück zur Neuapostolischen Kirche – bis irgendwann alles in mir rebellierte. Nichts ging mehr.
Eine Klinikärztin half mir schließlich, mich davon zu lösen.
Und da stand ich nun: frei – aber auch leer.
Ich fragte mich: Wofür lebe ich eigentlich?
Also begann ich eine „Kirchenreihe“. Zuerst besuchte ich die Evangelische Landeskirche – in der Hoffnung, endlich „normal“ zu sein. Doch es passte nicht. Dann probierte ich die Süddeutsche Gemeinde und die Methodisten – im Wechsel. Aber auch dort fand ich keine Antworten und keinen Anschluss.
Vielleicht war es zu viel verlangt, dass man sich auch außerhalb der Kirche begegnet?
Gleichzeitig kämpfte ich mit meinen Erkrankungen, und alles wurde mir zu viel.
Letztes Jahr war ich an einem Punkt, an dem ich die Bibel außer Reichweite legte und sagte:
„Gott, ich gebe auf. Ich bekomme keine Antworten, ich ecke überall an – vielleicht ist das Christentum einfach nicht mein Weg.“
Ich versuchte es mit Yoga, aber ich fand keinen Zugang dazu.
Und dann führte mich Gott zu einer Gemeinschaft, über die alle sagten:
„Lass die Finger davon – die Adventgemeinde ist eine Sekte!“
Deshalb zog ich mich von allen Einflüssen zurück und betete nur noch:
„Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe.“
Und was soll ich sagen?
Zum ersten Mal in meinem Leben spüre ich inneren Frieden – auch wenn ich weiterhin mit Ängsten kämpfe.
Aber: Ich bekomme dort Antworten. Und wenn ich sie mit der Bibel und im Gebet prüfe – dann passen sie.
Etwas völlig Neues für mich:
Seit ich den Sabbat halte, schaffe ich unter der Woche mehr, als ich mir je erhofft hätte.
Ein weiteres Wunder: Ich kann mich in der Gemeinschaft konzentrieren – und habe erlebt, wie schön es ist, wenn Gaben erkannt und gefördert werden.
Ich freue mich auf den Gottesdienst. Ich ziehe mich so an, wie ich bin – und bin willkommen.
Heute war ich erstaunt, wie eine Schwester spürte, wie es mir wirklich geht – dass ich gerade viel Traurigkeit in mir trage.
Ja, es ist schwer zu akzeptieren, dass Menschen, die mir sehr am Herzen liegen, andere Wege gehen. Dass mit meiner Familie kein Kontakt und keine Versöhnung möglich ist.
Aber gerade deshalb ist es für mich ein Wunder, dass ausgerechnet Jesus mich liebt.
Und: Er liebt auch dich.
Herzliche Grüße
Maria Tabitha Weisse